Keywords :
Bauphysik, Innendämmung, in-situ Messungen, high performance insulation, aerogel, hygrothermal simulation
Abstract :
[de] Auf dem Weg zur Klimaneutralität spielt die Dekarbonisierung des Gebäudesektors eine entscheidende Rolle. Hierfür werden in Luxemburg stetig die aktuellen EU Richtlinien umgesetzt und seit einigen Jahren ist auch ein zu erreichender Mindest-U-Wert für den Fall der Innendämmung im luxemburgischen Gebäudeenergiegesetz, dem Règlement grand-ducal concernant la performance énergétique des batiments, enthalten. Insbesondere bei historisch relevanten Gebäuden, deren Fassade unter Denkmalschutz steht, aber auch bei vielen anderen Gebäuden mit beispielsweise außen beengten Platzverhältnissen, ist die Innendämmung die einzige Möglichkeit, den Transmissionswärmeverlust durch die Fassade und somit auch die Treibhausgasemissionen zu senken. Gleichzeitig herrscht bei vielen planenden Architekten und Ingenieuren die Sorge, beim Einsatz von Innendämmung Bauschäden zu riskieren und somit die erhaltenswerte Bausubstanz zu beschädigen. Diese Sorge wird häufig mit dem Wissen von der „Taupunktverschiebung“ durch die Innendämmung in das Mauerwerk begründet. Dies entspringt den Vereinfachungen des Glaserverfahrens und ist von vielen Planenden verinnerlicht, obwohl in der Praxis durch die Sorptionseigenschaften und die Kapillarität bei korrekter Materialauswahl kein flüssiges Wasser ausfällt und kein Schimmel wächst. Die vorliegende Arbeit untersucht daher, ob und durch welche bauphysikalischen Messungen im Vorfeld (z.B. innerhalb einer Winterperiode) eines komplexen Innendämmprojektes die Planungssicherheit erhöht werden kann. Ein Schwerpunkt ist der hygrothermische Funktionsnachweis für Natursteinfassaden, bei denen der Nachweis basierend auf den bisherigen Verfahren in der Regel scheitert. Die an zwanzig Versuchsgebäuden durchgeführten Untersuchungen führen zu teilweise überraschenden Ergebnissen: so ergeben die Wärmeflussmessungen an massivem Bruchsteinmauerwerk stets deutlich niedrigere U-Werte in der Praxis im Vergleich zu den Berechnungen mit Standardwerten. Dies führt zum einen dazu, dass das Risiko bei Innendämmung niedriger ausfällt. Es bedeutet andererseits auch gleichzeitig, dass das energetische Einsparpotential durch eine nachträgliche Dämmung des Bauteils überschätzt wird. Die Messung des Innenklimas erweist sich als ein gutes Werkzeug, um die momentane Nutzung des untersuchten Raumes quantitativ beurteilen zu können. Dabei kristallisiert sich heraus, dass in Wohngebäuden überwiegend hohe bis sehr hohe Feuchteniveaus herrschen, während in Verwaltungs- und Bürogebäuden niedrige und normale Feuchteniveaus vorliegen, wobei keines der untersuchten Gebäude mechanisch belüftet wird. Dies lässt den Schluss zu, dass eine Innendämmung bei Verwaltungs- und Bürogebäuden aufgrund der geringeren Feuchtelast weniger problematisch umsetzbar ist, als bei Wohngebäuden. Jedoch sollte stets ein besonderes Augenmerk auf die Auswahl des Dämmsystems und seines Diffusionswiderstandes gelegt werden. Für die Messung des Wasseraufnahmekoeffizienten bei in Zukunft unveränderter Fassade werden sowohl die bekannten Messröhrchen nach Karsten und Franke bzw. Janning als auch ein neues Wasseraufnahmemessgerät von Stelzmann eingesetzt. Während die Messröhrchen auf Fenstereinfassungen und kleinformatigen Steinen als Indikator dienen können, eignet sich das Gerät von Stelzmann besser für die Bewertung von größeren, verputzten Oberflächen. Die Abdichtung bei der Messung an Natursteinfassaden mit hoher Rauigkeit und bei absandenden Oberflächen zeigt sich hier zusätzlich als problematisch. Vor allem bei hoher Saugfähigkeit der Verfugung kann es bei allen Geräten zu Kurzschlüssen kommen, die einen besonders hohen Wasseraufnahmekoeffizienten ergeben. Unter Zuhilfenahme von Klimaaufzeichnungen aus umliegenden Wetterstationen können die oben genannten Messungen für die Bauteilcharakterisierung und Parametrierung von numerischen Simulationstools verwendet werden, wobei letztlich all diese Messmethoden nur eine begrenzte Aussagefähigkeit haben. Bei saugenden Fassaden ist die tatsächliche Schlagregenbelastung auf die Fassade aber entscheidend über die Funktion der Innendämmung, da diese das Trocknungspotential in den Wintermonaten erheblich reduziert und bei starker Feuchteanreicherung Frostschäden drohen. Da in-situ Messungen, wie bereits erwähnt, komplex und fehleranfällig sind, wurde eine andere Methode entwickelt. Sie basiert auf Dauermessungen der Mauerwerksfeuchte einige cm unter der Außenoberfläche, auf Klimaaufzeichnungen und numerischer Simulation. Hierfür werden an einer exponierten Stelle auf der Wetterseite eine Dauermessung und mehrere Stichproben der relativen Feuchte durchgeführt und später in der Simulation der Expositionsfaktor iterativ so angepasst, das Simulation und Messung übereinstimmen. So kann ein Näherungswert für die tatsächliche Exposition der Messstelle und deren Wasseraufnahme aus Regen ermittelt werden. Für die Erkennung exponierter Stellen an der Fassade werden sowohl theoretische Überlegungen herangezogen, als auch optisch die Fassadenbenetzung zu Beginn von Regenereignissen untersucht. Am Beispiel der alten Nationalbibliothek von Luxemburg, mit teilweise 300 Jahre alter Natursteinfassade, wird gezeigt, wie diese Nachweismethode bei einer geschützten Fassade funktionieren kann, auch wenn der Wasseraufnahmekoeffizient deutlich über dem empfohlenen Grenzwert aus Normen und Merkblättern liegt. Um in Zukunft in der Materialdatenbank der WUFI Software des Fraunhofer IBP auch auf luxemburgische Natursteine zugreifen zu können, werden zwei Materialdatensätze typischer luxemburgischer Natursteine analysiert und die Daten aufbereitet, dass sie in die Software eingelesen werden können. Die Durchführung von genauen bauphysikalischen Untersuchungen bereits im Vorfeld einer Sanierungsmaßnahme eines von innen zu dämmenden Gebäudes ermöglicht genaue Aussagen über die hygrothermische Reaktion des Mauerwerks auf die spätere Dämmung und erhöht somit die Planungssicherheit. In Abhängigkeit des Renovierungsumfangs können durchaus auch schon einzelne Messungen genügen, um dieses Ziel zu erreichen. Offene Fragen bleiben weiterhin bei der Modellierung von Grenzflächen im Mauerwerk. Vor allem bei Bruchsteinen existieren zahlreiche Grenzflächen und Wechsel zwischen Gestein, Mörtel und Lufteinschlüssen. Diese machen eine exakte Modellierung der Feuchte im Kern des Mauerwerks basierend auf idealisierten Materialdatensätzen vor allem im Grenzbereich zwischen hygroskopischer und kapillarer Feuchte schwierig. Bisher können nur allgemeine Aussagen getroffen werden, weil Lufteinschlüsse und 3d-Grenzflächen den lokalen Wärmedurchgangswiderstand und Feuchtetransport stark beeinflussen.
Institution :
Unilu - Université du Luxembourg [Faculty of Science, Technology and Medicine], Luxembourg, Luxembourg