[en] Neben Globalisierung und Digitalisierung haben Fragen der Meritokratie und (Aus-)Bildung einen festen Platz im öffentlichen, politischen und privaten Diskurs, denn wir leben in Europa zunehmend in Bildungsgesellschaften. Die Zeit, die wir in Bildungsorganisationen verbringen, wird immer länger, der absolvierte Fächerkanon wird immer breiter und die Bildungsabschlüsse, die wir erwerben, werden immer höher (vgl. Leemann et al. 2016). Zugleich steigen mit dem Übergang
von der Industrie- zur modernen Dienstleistungsgesellschaft die Ansprüche an fachliche und soziale Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. Mayer und Solga 2008). Mit dem Wandel der Wirtschaftsstrukturen hin zu wissensbasierten Tätigkeiten, der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt, den demographischen Veränderungen und dem in diesem Zusammenhang befürchteten Fachkräftemangel stehen europäische Gesellschaften vor der Aufgabe ihre Bildungssysteme zu reformieren. Auf europäischer, nationaler wie auch regionaler und lokaler Ebenen versuchen Bildungspolitiker den Zugang zu Hochschul- und Berufsbildung und lebenslanges Lernen für immer mehr Mitglieder jeder Kohorte zu ermöglichen. Alle müssen sich mehr denn je
um Bildungszertifikate bemühen, weil diese für erfolgreiche Berufskarrieren unabdingbar geworden sind. Zugleich gibt es in diesem Wettbewerb klare Gewinner und Verlierer, denn diejenigen ohne Zugang zu (Aus-)Bildung, vor allem ehemalige Sonderschüler und Hauptschüler, werden zunehmend marginalisiert (vgl. Pfahl 2011; Protsch 2014; Solga 2005). Bildung und die durch sie erworbenen und ausgewiesenen Fähigkeiten gelten in unserer Gesellschaft als Innovationspotenzial, als zentrale Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg, gesellschaftlichen Wohlstand sowie soziale und politische Teilhabe. Statt der sozialen Platzierung entlang zugeschriebener Merkmale der Herkunft (wie Schicht, Geschlecht, Rasse, Ethnie) soll die erworbene Leistung, signalisiert in Schulnoten, Bildungsabschlüssen, Qualifikationen sowie Bildungskarrieren insgesamt, den legitimen Zugang zu Positionen, insbesondere höheren sozialen
Positionen bestimmen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass in europäischen Gesellschaften individuelle Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg wesentliche Bestimmungsgrößen der Verteilung gesellschaftlicher Chancen und Risiken darstellen.
Centre de recherche :
- Education, Culture, Cognition & Society (ECCS) > Institute of Education & Society (InES)
POWELL, Justin J W ; University of Luxembourg > Faculty of Language and Literature, Humanities, Arts and Education (FLSHASE) > Education, Culture, Cognition and Society (ECCS)
Co-auteurs externes :
no
Langue du document :
Allemand
Titre :
Hochschul- und Berufsbildung in Europa
Titre traduit :
[en] Higher Education and Vocational Training in Europe
Date de publication/diffusion :
2018
Titre de l'ouvrage principal :
Europasoziologie: Handbuch für Wissenschaft und Studium
Titre traduit de l'ouvrage principal :
[en] The Sociology of Europe Handbook
Editeur scientifique :
Bach, Maurizio
Hönig, Barbara
Maison d'édition :
Nomos, Baden-Baden, Inconnu/non spécifié
Pagination :
338–343
Peer reviewed :
Peer reviewed
Focus Area :
Educational Sciences
Intitulé du projet de recherche :
R-AGR-0211 - ExpoDual (20131101-20160310) - POWELL Justin J W