Abstract :
[en] In the literature on comparative constitutional law and constitutional theory, monarchies are, if they attract any attention at all, most frequently analyzed from the perspective of the monarch’s political power, after its more or less extensive “neutralization” in the name of the constitutional ideals of Enlightenment. Yet this classic approach, whose focus lies on the State organ’s competencies and the discretion of its royal incumbent, is incomplete as it ignores a second, increasingly important facet of the modernization process of monarchies: To what extent do Royals, including the monarch, have fundamental rights as individuals, as “human beings”? This paper considers in particular the even-more-overlooked issue of their political rights (right to vote, right to stand for election, and the right to use the instruments of direct democracy). The issue, which is a very old one, having being addressed first by Sieyès in his famous 1789 speech on royal veto and by the French Constitution of 1791, is far from being odd or futile. In some jurisdictions, like in Japan (1945), Luxembourg (2004-5), Liechtenstein (2002-3) or in Thailand (2019), it was at the core of quite controversial public debates which, eventually, lead to totally divergent outcomes. Beyond its (relative) importance in practice, it is a key parameter for theoretical purposes: combined with the criteria of the dualistic state organization, it provides a deeper insight into the complex structure of those regimes mixing, in various ways, both monarchical and democratic elements. This article sheds light on this new research field, starting with a broad historical and comparative survey, before presenting a typology in order to tackle the startling diversity of legal solutions.
[de] In der heutigen Literatur zur Verfassungsrechtsvergleichung und allgemeinen Verfassungstheorie wird das Thema der Monarchien eher stiefmütterlich behandelt. Soweit sich diese Literatur damit abfasst, behandelt sie vor allem die Frage der politischen Macht der Monarchen und ihrer „Neutralisierung“ im Rahmen des auf den Idealen der Aufklärung fußenden Modernisierungsprogramms. Diese klassische Lesart, deren Fokus auf den Kompetenzen des Staatsorgans „Monarch“ und auf dem (verbleibenden) Ermessen des monarchischen Organwalters liegt, verkennt jedoch eine zweite, an Bedeutung stets zunehmende Facette der Modernisierungsdynamik: In welchem Maße sind die Angehörigen von Herrscherhäusern („Royals“), darunter auch der Monarch selbst, als Individuen, als „Menschen“, Träger von Grundrechten? Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem noch weniger belichteten Unterthema ihres Stimmrechts (aktives Wahlrecht, Wählbarkeit, Benutzung von direktdemokratischen Instrumenten). Für viele mag diese Perspektive verstörend neu wirken. In den Augen einiger wäre es nur eine Randnotiz wert. Eine solche Einschätzung geht jedoch fehl. Das Thema ist sehr alt, wurde es doch zum ersten Mal 1789 von Sieyès, in seiner berühmten Rede zum königlichen Veto, und in der französischen Verfassung von 1791 angeschnitten. Im Laufe des 20. und 21. Jahrhundert hat es in verschiedenen Ländern – in Japan (1945), in Luxemburg (2004-5), in Liechtenstein (2002-3) und in Thailand (2019) – zu teils hitzigen Debatten geführt, mit jeweils sehr unterschiedlichen Resultaten. Ziel dieses Beitrags ist es, an erster Stelle, die Gesamtentwicklung dieser Thematik in Europa und in der Welt, ab 1789, in ihren großen Linien nachzuzeichnen. Darüber hinaus, gilt es, den bisher unausgeschöpften heuristischen Mehrwert dieser Problematik für eine schärfere, rechtswissenschaftliche Analyse der früheren und heutigen demokratisierten Monarchien (oder monarchischen Demokratien) darzulegen. Diese Frage wirft, in der Tat, ein ganz anderes, neues Licht auf das komplexe juristische Normenwerk dieser Regierungssysteme die als historisch gewachsene, Gegensätze überbrückende Gebilde relativ schwer durchleuchtbar sind. Eine Typologie soll dafür Orientierungshilfe leisten.