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Abstract :
[en] Bauern stellen im Hinblick auf das Phänomen der Biographisierung des Lebenslaufs, das seit etwa zwei Jahrzehnten in den Sozialwissenschaften intensiv diskutiert wird, einen interessanten, weil eigentlich paradoxen, Kasus dar: Individualisierungsprozesse gehen hier in bedeutendem Maße mit Rudimenten vormoderner Verfasstheit einher, was u.a. daran sichtbar wird, dass standardisierte und institutionalisierte Lebensläufe, wie sie in der Moderne entstanden sind und nun, unter spätmodernen Bedingungen, schon wieder zu verschwinden scheinen, sich nur in begrenztem Maße überhaupt entwickeln konnten. Die folgenden Beispiele luxemburgischer Bauernfamilien zeigen etwa, dass sich die konzeptuelle und lebenspraktische Trennung der Jugend als Entwicklungs- und Bildungsphase von dem durch Erwerbs- bzw. Reproduktionstätigkeit geprägten Erwachsenenalter noch in der Nachkriegsgeneration nur partiell durchgesetzt hatte. Einen vormodernen Zug weisen die untersuchten Familien auch aufgrund der dem bäuerlichen Betrieb inhärenten Eigenart auf, dass die funktionale Scheidung der Sphären von Familie/Haushalt und Arbeit aus praktischen wie ideellen Gründen nur begrenzt möglich ist.
Im Folgenden werden jeweils drei Vertreter zweier Bauernfamilien im Hinblick auf ihre biographischen Selbstdarstellungen knapp vorgestellt. Der weitere Vergleich zwischen den beiden Familien wird die Frage behandeln, ob in den Darstellungen der drei aufeinander folgenden Generationen eine Entwicklung hin zu größerer biographischer Offenheit und individueller Lebensplanung zu erkennen ist. Dabei wird auf einen Aspekt hingewiesen, der, so die These, bisher zu wenig untersucht wurde, nämlich den Einfluss familiärer Transmissionsprozesse, d.h. materieller und immaterieller Erbvorgänge, auf die individuellen Zukunftsorientierungen.