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Abstract :
[de] Kognitiv-evaluative Bedingungen und motivationale Folgen spezifischer Emotionen werden am Beispiel von Schuldgefühlen und Empörung nach Führerscheinentzug theoretisch und empirisch analysiert. Den theoretischen Hintergrund bildet die Sicht von Emotionen als intentionalen Zuständen. Danach werden Emotionen wesentlich durch den Bezug auf ein mental repräsentiertes Objekt konstituiert, das Wünsche, Ziele oder Normen des Emotionssubjekts erfüllt oder verletzt, woraus weitere Wünsche oder Handlungsbereitschaften des Subjekts erwachsen können. Innerhalb dieses Rahmens werden die Emotionskonzepte Schuldgefühl und Empörung expliziert. Daraus werden in Verbindung mit Informationen über die emotionsauslösenden Situationen (Fahren unter Alkoholeinfluss, Entzug und Verweigerung der Fahrerlaubnis) und über die Emotionssubjekte (alkoholauffällige Kraftfahrer) Hypothesen über Verantwortlichkeitsüberzeugungen, moralische und gerechtigkeitsthematische Bewertungen und Rechtfertigungen eigenen und behördlichen Handelns als Bedingungen von Schuldgefühlen und Empörung gebildet. Weitere Hypothesen werden zu den Folgen beider Emotionen im Bereich konkreter Wünsche, Handlungsbereitschaften und Vorsätze mit Bezug zum Fahren unter Alkoholeinfluss und zur Verweigerung der Fahrerlaubnis generiert. An einer Stichprobe von 182 alkoholauffälligen Kraftfahrern wurden die angeführten Variablen mit vom Autor konstruierten Fragebogenskalen erfasst. Zentrale empirische Ergebnisse waren unter anderem: (1) Schuldgefühle werden durch spezifische Überzeugungen eigener Verantwortlichkeit und negative moralische Bewertungen des eigenen Fahrens unter Alkoholeinfluss gesteigert und durch die Interpretation erfahrener Sanktionen (Geldstrafe, Führerscheinsperre) als Sühne reduziert. (2) Schuldgefühle disponieren zu diversen Handlungsbereitschaften (z. B. Wiedergutmachung, Schadenersatz), wobei weitere Überzeugungen, Wünsche und Normen als moderierende Randbedingungen und additive Einflussfaktoren ins Spiel kommen. (3) Empörung wird durch diverse Ungerechtigkeitsbewertungen zur Verweigerung der Fahrerlaubnis und Überzeugungen zur Verantwortlichkeit der Beamten (böswilliges Handeln, nachlässiges Handeln) gesteigert und durch Rechtfertigungsgründe (z. B. Wahrung der Verkehrssicherheit) gehemmt, wobei deren Effekt von Randbedingungen abhängt. (4) Empörung erhöht sowohl Bereitschaften zu eigenen Auflehnungshandlungen (Anklage und Aggression gegenüber Beamten; Einlegen von Rechtsmitteln) als auch Wünsche nach Auflehnung Dritter (mächtige Personen in der Behörde). Abschliessend werden Konsequenzen für die Analyse von Schuldgefühlen und Empörung in anderen Situationen aufgezeigt sowie methodische und theoretische Implikationen für die Analyse kognitiver und motivationaler Aspekte anderer Emotionen herausgearbeitet.
Disciplines :
Social & behavioral sciences, psychology: Multidisciplinary, general & others
Social, industrial & organizational psychology
Theoretical & cognitive psychology