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Abstract :
[en] THEORETISCHER HINTERGRUND
Gute Beziehungen zur eigenen Lehrerin können sich positiv auf den Erfolg eines Schülers auswirken. Dieser Effekt kann mit Bowlby’s (1982) Bindungstheorie erklärt werden und wird empirisch immer wieder gestützt (z.B. Hamre & Pianta, 2001). Positive Lehrer-Schüler-Beziehungen zeichnen sich durch emotionale Wärme und Nähe aus; negative Aspekte durch Konflikt und Abhängigkeit. So stehen positive Lehrer-Schüler-Beziehungen nicht nur mit akademischen Leistungen in Verbindung, sondern auch mit einer Vielzahl anderer, wünschenswerter Schülerentwicklungen. Zahlreiche Meta-Analysen deuten auf signifikante Zusammenhänge zwischen Lehrer-Schüler-Beziehungen und schulischem Engagement, guten Beziehungen zu Gleichaltrigen, exekutiven Funktionen, allgemeinem Wohlbefinden und der Verringerung aggressiver oder störender Verhaltensweisen hin (Endedijk et al., 2021; Nurmi, 2012; Roorda et al., 2017; Vandenbroucke et al., 2018). Diese Befunde sind jedoch weit verstreut in der Literatur, sodass Forschungslücken unentdeckt bleiben. Auch unterscheiden sich bisherige Überblicksarbeiten in ihren Methoden und den gefundenen Zusammenhängen zwischen Lehrer-Schüler-Beziehungen und Ergebnisvariablen von Schüler*innen. Darüber hinaus ist die Literatur uneindeutig, welche Moderatoren (z.B. Alter oder Geschlecht) diese Beziehungen beeinflussen. Gleichzeitig variiert die Qualität der Meta-Analysen in diesem Feld merklich, was die Interpretation ihrer Ergebnisse erschweren kann.
FRAGESTELLUNG
Angesichts dieser Forschungslücken haben wir die meta-analytische Literatur systematisch durchsucht und zusammengefasst (Cooper & Koenka, 2012), um einen Überblick über Korrelate von Lehrer-Schüler-Beziehungen zu schaffen. Hierbei untersuchten wir drei Forschungsfragen
1. Inwieweit hängen akademische, verhaltensbezogene, sozio-emotionale, motivationale und kognitive Schülereigenschaften mit Lehrer-Schüler-Beziehungen in der meta-analytischen Literatur zusammen?
2. Welche Moderatoren beeinflussen diese Zusammenhänge?
3. Welche methodische Qualität haben die einbezogenen Meta-Analysen?
METHODE
Um diese Forschungsfragen zu beantworten, analysierten wir 24 Meta-Analysen, die rund 130 Effektstärken für über eine Million Schüler*innen umfassten. Nach der Präregistrierung erfolgte eine systematische Literatursuche. Während mehrerer Runden der Überprüfung mithilfe unserer Ein- und Ausschlusskriterien identifizierten wir 24 passende Meta-Analysen. Aus diesen Meta-Analysen extrahierten wir die Effektstärken zum Zusammenhang von Lehrer-Schüler-Beziehungen und akademische, verhaltensbezogene, sozio-emotionale, motivationale und allgemeine kognitive Schülereigenschaften. Für die Forschungsfragen 1 und 2 haben wir die Ergebnisse zusammengefasst und einen narrativen Überblick erarbeitet. Für Forschungsfrage 3 bewerteten wir die Qualität der Meta-Analysen mit Hilfe der AMSTAR-2 Skala (angepasst an korrelative Studien in der Psychologie und Bildungsforschung; Shea et al., 2017).
ERGEBNISSE UND IHRE BEDEUTUNG
Mit Blick auf die Lehrer-Schüler-Beziehungen werden unterschiedliche Ergebnisvariablen analysiert (Forschungsfrage 1). Die stärksten Zusammenhänge zeigten sich für Konflikt und Abhängigkeit in der Lehrer-Schüler-Beziehung mit Verhaltensproblemen der Schüler*innen (r = .35 bis .57; Nurmi, 2012). Positive Lehrer-Schüler-Beziehungen zeigte die stärkste Verbindung mit der Beteiligung in der Schule (r = .26 bis .34; Roorda et al., 2011), prosozialem, externalisierendem und internalisierendem Verhalten (r = .25; Endedijk et al., 2021) sowie mit Lernmotivation in Kombination mit Beteiligung der Schüler*innen (r = .23; Wang et al., 2020). Alter oder Klassenstufe waren die am häufigsten untersuchten Moderatoren mit teilweise gegenläufigen Befunden (Forschungsfrage 2). Geschlechterunterschiede wurden dagegen seltener festgestellt. Gleichzeitig wurde der Effekt der Informationsquelle häufig untersucht, d.h., ob und auf welche Weise Lehrkräfte, Gleichaltrige oder die Schüler*innen selbst die Lehrer-Schüler-Beziehung bewerteten. Für Forschunsgfrage 3 diskutieren wir die Qualitätsunterschiede der Meta-Analysen.
Mit dem systematischen Review von Meta-Analysen fassen wir die Forschungslandschaft zu Korrelaten von Lehrer-Schüler-Beziehungen zusammen und zeigen, in welchem Zusammenhang diese mit Lehrer-Schüler-Beziehungen stehen. Unseren Ergebnissen folgend sollten Lehrkräfte für die Wirkung von Lehrer-Schüler-Beziehungen und deren Zusammenhängen sensibilisiert werden. Einige Interventionen zur Verbesserung von dieser wichtigen Beziehungen wurden bereits meta-analytisch mit vielversprechende Ergebnissen untersucht (Kincade et al., 2020). Ein nächster Schritt ist nun die experimentelle Überprüfung der gefundenen Korrelate, um positive Lehrer-Schüler-Beziehungen als wirksame Strategie zur Verbesserung von akademischen, verhaltensbezogenen, sozio-emotionalen, motivationalen und kognitiven Schülereigenschaften kausal zu bestätigen. LITERATUR
Bowlby, J. (1982). Attachment and loss: Vol. 1. Attachment. (2nd ed., Vol. 1). Basic Books.
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Vandenbroucke, L., Spilt, J., Verschueren, K., Piccinin, C., & Baeyens, D. (2018). The Classroom as a Developmental Context for Cognitive Development: A Meta-Analysis on the Importance of Teacher–Student Interactions for Children’s Executive Functions. Review of Educational Research, 88(1), 125–164. https://doi.org/10.3102/0034654317743200
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