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Abstract :
[de] Die Sprachensituation in Luxemburg zeichnet sich durch eine besondere Vielschichtigkeit aus. Über die offizielle Dreisprachigkeit hinaus prägen andauernde Migrations- und Internationalisierungsprozesse die alltägliche Sprachenlandschaft. Der gegenwärtige Anteil von Migrant_innen an der Wohnbevölkerung liegt bei 43,8 % (2012). Die Rolle des Luxemburgischen als „Nationalsprache“ ist in diesem Zusammenhang sehr ambivalent. Auf der einen Seite wird Luxemburgisch als Hauptträger und Garant für die Kontinuität nationaler Identität und des gesellschaftlichen Zusammenhalts angesehen, auf der anderen Seite steht dem ein Bekenntnis zur historisch gewachsenen sowie gesetzlich verankerten Mehrsprachigkeit als dem bezeichnenden Merkmal Luxemburgs gegenüber. Das Spannungsverhältnis zwischen einer monolingualistischen Betonung der luxemburgischen Sprache und einer inkludierenden Auseinandersetzung mit der plurilingualen Realität der Luxemburger Gegenwart reicht von der Ebene gesellschaftlicher Repräsentationen über den Bereich bildungs- und sozialpolitischer Erwartungen bis in die institutionelle Alltagspraxis frühpädagogischer Einrichtungen, wo diese Spannung von den beteiligten Akteuren täglich situationsbezogen bewältigt werden muss.
Vor dem Hintergrund eines kritisch soziolinguistischen Verständnisses von Sprache als lokal situierter, sozialer Praxis verknüpft der Beitrag methodologische Impulse einer „Ethnographie der Mehrsprachigkeit“ mit einer „Ethnographie der Frühpädagogik“ um der Frage nachzugehen, wie im Alltag der Betreuungseinrichtungen in und mit sprachlichen Praktiken Pädagogik „gemacht“ wird. Durch den Gebrauch von Sprache zur differentiellen Adressierung und Positionierung sozialer Akteure wird eine institutionelle Ordnung hervorgebracht, in der einerseits Kinder von Erwachsenen unterschieden und als Adressaten pädagogischer Praxis konstituiert werden. Andererseits werden auch Kinder als untereinander different bestimmt, was mit unterschiedlichen Partizipationsmöglichkeiten am institutionellen Alltag verknüpft ist. Indem im plurilingualen Setting situativ eine monolinguale Norm durchgesetzt wird, werden einige der Kinder als „anderssprachig“ oder „sprachlos“ positioniert. Anhand ausgewählter Beobachtungsprotokolle kann gezeigt werden, inwiefern für die Kinder dadurch Unsicherheiten generiert werden, welcher Sprachgebrauch jeweils als „legitim“ bzw. „normal“ gilt. In letzter Instanz bleibt ihnen dann nur zu schweigen.