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Abstract :
[en] Das aktuelle Spannungsfeld der Globalisierung des Essens- und Getränkeangebot sowie des gleichzeitigen Bedeutungsgewinns von regionalen (Nischen-)Produkten erscheint besonders deutlich am Beispiel vom Wein.
Einerseits lässt sich, auf der Seite der Produktion, eine Standardisierung der Herstellungsweisen und eine Konzentration der Besitzverhältnisse, insbesondere in den ‚neuen’ Weinländern – aber gleichzeitig, wenngleich in andersartiger Form, in den ‚alten’ Weinländern – ausmachen. Parallel dazu werden ‚Terroir’-orientierte Weinproduzenten als Hüter von valorisiertem, vermeintlich tradiertem Wissen und als Boten einer letztlich geografisch determinierten Geschmackspalette konstruiert. Andererseits ist, auf der Seite des Konsums, seit den 1980er Jahren eine ständig steigende Tendenz zur Ästhetisierung vom Weingenuss zu verzeichnen, der durch das degustative, mitunter mikro-parzellarische, Weinwissen von einem (publizistischen) Expertentum rationalisiert wird.
So erleben alltagsweltliche Weintrinker/-innen diese Tätigkeit als einen Bereich, der, um in seinen Potenzialitäten ausgeschöpft werden zu können, nur mittels Wissens zugänglich sei. Dementsprechend steigt die Anzahl an Personen, die an Weinverkostungskursen ‚für Anfänger/-innen’ teilnehmen.
Die drei Kurse in Luxemburg, die durch teilnehmende Beobachtung und mittels Experten/-innengesprächen mit den Kursleitern/-innen und Tiefeninterviews mit Teilnehmenden analysiert wurden (Reckinger 2008), zeichnen sich durch jeweils unterschiedliche – jedoch engagierte – Positionierungen in Bezug auf globalisierte und regionale Produkttypen aus. Dabei erscheinen Transnationalität, Regionalisierung und Einzigartigkeit (der Winzer/-innen sowie der geografischen Gegebenheiten) als performative Werte, die jedoch ausschliesslich durch ,autonomes’ sensorisches Wahrnehmen und Einordnen zu erschliessen seien, d.h. durch Subjektivität und Kontingenz. Dieses normative Angebot wird von den Kursteilnehmenden ambivalent rezipiert, je nachdem wie selbstzentriert, soziabilitätszentriert oder objektzentriert sie motiviert sind. Letzteres wird von den Kursleitern/-innen als Faktor zur Evaluierung von Qualität(en) hervorgehoben – seien sie standardisiert, pluralisiert oder hybridisiert. Demgegenüber bleibt das alltagsweltliche polysensorische Erleben einer alternativen Normativität von Identifikationspotential verhaftet.