Abstract :
[en] Die ursprüngliche Annahme, dass Essstörungspatient/innen unter einem umfassenden Defizit der interozeptiven Wahrnehmung leiden, wird inzwischen differenzierter betrachtet. Unterschiedliche Befunde ergeben sich je nach betrachtetem Organsystem (Herz, Magen), Verarbeitungsebene (neuronal, Selbstbericht) und Diagnose. Die bisherige Befundlage ist jedoch unübersichtlich und widersprüchlich. Für Bulimia nervosa (BN) wurde sowohl reduzierte, als auch unveränderte Herzschlagwahrnehmung berichtet. Mit dem vorliegenden Beitrag steuern wir weitere Ergebnisse zur Herzschlagwahrnehmung bei und ergänzen diese um einen physiologischen Indikator der kortikalen Verarbeitung kardio-afferenter Signale (Herzschlag-evozierte Potenziale, HEPs).
Es wurden 22 Frauen mit akuter oder teilremittierter BN (BMI 23,94±3,61; Alter 31,86±11,20) und 22 gesunde Frauen untersucht (BMI 24,24±3,37; Alter 31,00±10,15). Die Stichproben wurden nach Alter und BMI parallelisiert. Die Teilnehmerinnen führten eine Herzschlagwahrnehmungsaufgabe nach Schandry durch, während ein 64-Kanal-EEG aufgezeichnet wurde. HEPs wurden als mittlere EEG-Amplitude von 455ms bis 595ms nach der R-Zacke berechnet.
Die Ergebnisse zeigen keine signifikanten Gruppenunterschiede in Herzschlagwahrnehmung, HEPs und Herzrate.
Dies bestätigt vorherige Befunde einer intakten Herzschlagwahrnehmung bei BN. Zusätzlich können wir von einer intakten kortikalen Verarbeitung kardio-afferenter Reize ausgehen. Die Wahrnehmung des Herzschlags ist insbesondere für die Verarbeitung und Regulation von Emotionen relevant. Auf Basis der vorliegenden und früheren Befunde ist davon auszugehen, dass defizitäre Emotionsregulation bei BN nicht auf veränderte Herzschlagwahrnehmung zurückzuführen ist.
FnR Project :
FNR8371546 - Emotional, Restrained And Bulimic Eating In Lab And Daily Life, 2014 (15/03/2015-14/03/2018) - Claus Vögele