Abstract :
[de] Das Thema Stressbewältigung (7 Kap. II/30) hat seit den 1960er Jahren einen rasanten Aufschwung genommen. Die damals beginnende Abkehr von dem bis dahin vorherrschenden biologisch-medizinischen Modell, die zunehmende Unzufriedenheit mit der traditionellen Psychiatrie und die wachsende Bedeutung psychologischer Modelle und klinisch-psychologischer Interventionen haben dazu beigetragen, dass über die letzten 50 Jahre mehr als 4.000 wissenschaft liche Artikel zu diesem Th ema veröffentlicht wurden. Dabei finden sich die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche, z. B. Stressbewältigung im Arbeitsbereich, in der Psychotherapie, in der Gesundheitsförderung und der medizinischen Versorgung, in der Paartherapie und in der Krisenintervention. Die Breite dieser Anwendungsbereiche ist sicherlich einer unter mehreren Gründen für die Unterschiedlichkeit der Interventionsmethoden, die unter dem Begriff Stressbewältigungstraining (z. B. Kaluza 2004) zusammengefasst werden. Üblicherweise beginnen die Stressbewältigungsprogramme mit einer allgemeinen Einführung zum Thema »was ist Stress«, ergänzt um eine Darstellung psychobiologischer Zusammenhänge und körperlicher Folgen vonchronischem Stress (7 Kap. IV/19). Die einzelnen Module beziehen sich dann auf spezifische Bereiche, die auch in anderen klinischen Kontexten von Relevanz sind. Dazu gehören Entspannungsverfahren (progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Meditation, autogenes Training, Biofeedback, Atementspannung; 7 Kap. IV/6), klinischpsychologische Interventionen (kognitive Umstrukturierung; 7 Kap. IV/11), Problemlösetraining, Training sozialerFertigkeiten (7 Kap. IV/10), Kommunikationstraining, Genusstraining (7 Kap. IV/8), Aufb au von Aktivitäten (7 Kap. IV/34)) und edukative Maßnahmen (Beratung zu Ernährung, Bewegung und Gesundheit sowie Techniken zur Optimierung von Arbeitsabläufen, Lernen oder Zeitmanagement). Bei aller Verschiedenartigkeit haben Stressbewältigungstrainings allerdings ein gemeinsames Ziel: die Förderung der körperlichen und psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens durch eine Verbesserung der individuellen Kompetenzen zur Stressbewältigung. Genauer gesagt besteht das Ziel in der Erhöhung der Flexibilität im Umgang mit Belastungen. Um dieses Ziel zu erreichen und den individuellen Bewältigungskompetenzen des Einzelnen gerecht zu werden, bedarf es eines breiten Angebots innerhalb eines Stressbewältigungstrainings. Deshalb integrieren die meisten Stressbewältigungstrainings mehrere unterschiedliche Interventionsmethoden in multimodale Programme. Wie bei anderen Interventionen auch, kann ein auf die einzelne Person zugeschnittenes Stressbewältigungstraining allerdings erst nach einer genauen Diagnostik der individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse durchgeführt werden. Im vorliegenden Kapitel werden nur wenige ausgewählte übergeordnete Materialien vorgestellt und es wird auf eine Auswahl der wichtigsten deutschsprachigen diagnostischen Verfahren zur Erfassung von Bewältigungsstrategien und therapeutischen Interventionen zur Stressbewältigung verwiesen. Verschiedene Bausteine zur Stressbewältigung können zudem – auf die individuellen Bedürfnisse eines Patienten angepasst – aus den o. g. Kapiteln zusammengestellt werden.